Was ist Hypertext?
Ein Hypertext bezeichnet einen aus mehreren Quellen verknüpften, multilinearen Text. Das World Wide Web und HTML sind eine Anwendung dieses Prinzips.
Zuletzt überarbeitet: Oktober 2025
Inhaltsverzeichnis
Der Hypertext hat die Art und Weise, wie wir Informationen konsumieren und organisieren, revolutioniert. Er ist das fundamentale Prinzip, das dem modernen World Wide Web zugrunde liegt, und hat die Entwicklung von linearen, traditionellen Medien hin zu einem vernetzten, dynamischen Informationsraum ermöglicht. Vom gedruckten Buch mit Inhaltsverzeichnissen und Fussnoten hin zu den komplexen, assoziativen Strukturen des Internets – dieses Konzept ist ein Paradigmenwechsel, der unser digitales Leben prägt.
Begriff und Definition
Der Begriff Hypertext wurde in den 1960er Jahren von Ted Nelson geprägt und leitet sich vom griechischen Präfix hyper- ab, was «über» oder «jenseits» bedeutet. Er kann demnach als Übertext verstanden werden – ein Text, der über die Begrenzungen eines herkömmlichen, sequenziellen Textes hinausgeht.
Die massgebliche Definition besagt, dass Hypertext ein nichtlineares Medium ist, das Informationseinheiten, die als Nodes oder Hypertext-Knoten bezeichnet werden, über elektronische Verweise – die Hyperlinks – miteinander verknüpft. Im Gegensatz zu anderen gedruckten Texten, die strikt von Anfang bis Ende gelesen werden, ermöglicht er dem Leser ein freies Navigieren und eine individuelle Auswahl der Lesepfade durch Textpassagen oder ganze andere Dokumente.
Wenn solche Dokumente nicht nur reinen Text, sondern auch andere Medien wie Bilder, Videos oder Audioelemente einschliessen, spricht man von Hypermedia. Das aktuell grösste und bekannteste Hypermedia-System ist das World Wide Web. Die Hypertext Markup Language (HTML), eine Auszeichnungssprache, ist die grundlegende Technologie zur Erstellung von Dokumenten dieser Art. Weitere Auszeichnungssprachen wie XML spielen im erweiterten Kontext ebenfalls eine Rolle.
Beispiel
Das wohl bekannteste und umfassendste Beispiel für ein Hypertext-System sind die Online-Enzyklopädien der Wikis (wie Wikipedia). Jeder Artikel dort stellt einen Knoten dar. Wörter und Phrasen innerhalb des Textes sind oft mit Hyperlinks (oder Weblinks) versehen, die zu anderen Dokumenten im Wiki oder externen Quellen führen. Der Benutzende kann durch diese Verlinkungen seinen eigenen Weg durch die Informationen wählen und ist nicht an eine von dem*der Autor*in vorgegebene, lineare Leseabfolge gebunden.
Ein weiteres, älteres Beispiel sind geschlossene Hypertext-Systeme auf CD-ROMs, die häufig für Enzyklopädien oder technische Handbücher verwendet wurden, bevor das World Wide Web dominierte. Diese Systeme nutzten ebenfalls Querverweise, um eine vernetzte Informationsdarstellung zu ermöglichen.
Bedeutung des Hypertext-Konzepts
Die Bedeutung des Hypertext-Konzepts liegt in seiner Fähigkeit, die assoziative Natur des menschlichen Denkens abzubilden. Statt einer künstlichen, linearen Struktur, die in Büchern notwendig ist, erlaubt es Querverweise und Sprünge zu verwandten Informationen. Dies erleichtert das Finden spezifischer Informationen und die Verknüpfung von Wissen.
Die Kombination dieser Technologie und World Wide Web – erfunden von Tim Berners-Lee am CERN – hat die globale Vernetzung von Wissen ermöglicht und die Informationsgesellschaft, wie wir sie heute kennen, fundamental geprägt. Ohne die grundlegenden Begriffe Hypertext und Hyperlink wäre das Internet in seiner heutigen Form undenkbar.
Funktionsweise eines Hypertext-Systems
Die Funktionsweise basiert auf drei Hauptelementen: den Knoten (Nodes), den Hyperlinks und der Struktur, in der sie organisiert sind.
- Knoten (Nodes): Die Informationseinheiten, die Textelemente, Bilder oder andere Medien enthalten.
- Hyperlinks: Die elektronischen Verlinkungen, die einen bestimmten Startpunkt (Anker) in einem Knoten mit einem Ziel in demselben oder einem anderen Dokument verbinden. Im World Wide Web wird der Quelltext der Knoten mittels einer Auszeichnungssprache wie HTML erstellt, wobei der <a>-Tag (Anchor) zur Erstellung der Hyperlinks dient.
- Strukturen: Die Art und Weise, wie die Knoten und Links miteinander verwoben sind, kann netzwerkartig, hierarchisch oder multilinear sein.
Ein Webbrowser interpretiert den Quelltext der HTML-Dokumente, visualisiert die Knoten und macht die Hyperlinks als anklickbare Elemente sichtbar. Die Übertragung der Daten erfolgt über Protokolle wie HTTP (Hypertext Transfer Protocol) von einem Webserver zum Webbrowser.
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Eigenschaften
Der Hypertext zeichnet sich durch mehrere zentrale Eigenschaften aus:
- Nicht-Linearität: Der Leser muss nicht der linearen Abfolge des Textes folgen, sondern kann frei navigieren.
- Interaktivität: Der Leser interagiert aktiv mit dem Text, indem er Hyperlinks wählt.
- Assoziativität: Die Hypertext-Struktur ermöglicht es, verwandte Informationen über Verlinkungen schnell zu erreichen, was dem assoziativen Denken ähnelt.
- Vernetzung: Komplexe Hypertext-Systeme wie das World Wide Web verbinden eine potenziell unbegrenzte Anzahl von anderen Dokumenten.
- Modularität: Informationen werden in diskreten Einheiten (Nodes) organisiert, die mehrfach in die Hypertext-Struktur eingebunden werden können.
Arten
Man unterscheidet im Wesentlichen nach Struktur und Medium:
- Linearer Hypertext: Obwohl nicht-linear die Norm ist, können solche Systeme so konzipiert sein, dass sie nur eine sequenzielle Abfolge erlauben, mit optionalen Querverweisen zu Hintergrundinformationen (z.B. manche E-Books).
- Netzwerkartiger oder rhizomatischer Hypertext: Die dezentrale, komplexe Struktur, bei der theoretisch alles mit allem verknüpft sein kann – das Ideal des World Wide Web.
- Hierarchischer Hypertext: Eine Struktur, die einer Baumstruktur ähnelt, oft verwendet für Handbücher oder grosse Dokumentationen mit klaren Gliederungen, oft mit traditionellen Inhaltsverzeichnissen kombiniert.
- Hypermedia: Die Erweiterung des Prinzips durch Multimedia-Elemente wie Bilder, Audio und Video.
Geschlossene Systeme sind statisch und nicht erweiterbar (z.B. auf CD-ROM), während offene Systeme (z.B. Wikis) dynamisch und von Nutzenden veränderbar sind.
Vor- und Nachteile des Hypertext-Prinzips
Das Hypertext-Konzept bietet enorme Vorteile, bringt aber auch spezifische Herausforderungen mit sich.
Vorteile
- Effizientere Informationssuche und Flexibilität: Der*die Leser*in kann durch das Anklicken von Hyperlinks schnell zu relevanten Textpassagen oder anderen Dokumenten springen, was eine individuelle und zielgerichtete Informationsaufnahme ermöglicht.
- Assoziatives Lernen: Die besondere Struktur unterstützt das assoziative Denken, da sie Querverweise auf eine Weise strukturiert, die der Vernetzung von Ideen im menschlichen Gedächtnis ähnelt.
- Interaktivität und Aktualität: Besonders in offenen Systemen wie Wikis ermöglicht dieses Konzept eine hohe Interaktivität und eine leichte Aktualisierbarkeit der Inhalte.
Nachteile
- Orientierungsverlust (Lost in Hyperspace): Nutzende können durch zu viele Verlinkungen und eine komplexe Struktur die Übersicht über die Gesamtstruktur verlieren – ein Phänomen, das oft als «Lost in Hyperspace» bezeichnet wird.
- Kognitive Überlastung: Die Fülle an Wahlmöglichkeiten und Querverweisen kann überwältigend sein und die Konzentration auf das Wesentliche erschweren.
- Fragmentierung des Wissens: Informationen liegen in diskreten Nodes vor, was das Erfassen eines umfassenden, linearen Gesamtzusammenhangs erschwert.
- Erhöhter Pflegeaufwand: Für die Autor*innen von solchen Systemen bedeutet dies einen erhöhten Aufwand, da alle Hyperlinks und die Struktur aktuell gehalten werden müssen.
Geschichte
Die Idee des Hypertext geht weit in die Zeit vor der digitalen Ära zurück:
- Vannevar Bush (1945): In seinem wegweisenden Essay As We May Think, veröffentlicht in The Atlantic Monthly, beschrieb er das visionäre Gerät Memex (Memory Extender). Das Memex war ein elektromechanischer Schreibtisch, der es den Benutzenden ermöglichen sollte, Informationen assoziativ über «Trails» (Pfade) miteinander zu verknüpfen. Dies gilt als die konzeptuelle Geburtsstunde des Hypertext-Gedankens.
- Ted Nelson (1960er): Er prägte die Begriffe Hypertext und Hypermedia. Sein Lebenswerk war das ambitionierte Projekt Xanadu, ein globales, universelles Hypertext-System, das alle Dokumente der Welt miteinander verknüpfen und Urheberrechte über eine feingranulare Lizenzierung (Creative Commons im Nachhinein ähnlich) verwalten sollte. Xanadu wurde zwar nie in vollem Umfang realisiert, beeinflusste aber die Entwicklung massgeblich. Der Computerwissenschaftler Conklin hat später die frühen Arbeiten über Hypertext-Systeme eingehend analysiert und beschrieben.
- Douglas Engelbart (1960er): Entwickelte das bahnbrechende NLS (oN-Line System), das erste funktionierende Hypertext-System, welches auch die Computermaus und die grafische Benutzeroberfläche vorwegnahm. Die ACM (Association for Computing Machinery) spielte eine wichtige Rolle bei der Verbreitung dieser frühen Forschungsergebnisse.
- Apple Computer (1987): Veröffentlichte HyperCard für den Macintosh, eine erfolgreiche, einfach zu bedienende Software zur Erstellung von Hypermedia-Systemen, die das Hypertext-Konzept populär machte.
- Tim Berners-Lee (1989): Er erfand am CERN das World Wide Web auf Basis von Hypertext (unter Verwendung der Hypertext Markup Language HTML und Hyperlinks), das die Konzepte von Bush und Nelson mit den Möglichkeiten des Internets vereinte und so zur massentauglichen Revolution führte.
Zukunft
Die Zukunft von Hypertext liegt in der noch stärkeren Integration von Hypermedia und der Ausweitung auf immersive Umgebungen. Solche Systeme werden zunehmend dreidimensional und ermöglichen Hyperspaces in virtuellen und erweiterten Realitäten. Die semantische Vernetzung von Daten (Semantic Web), bei der nicht nur Dokumente, sondern auch die in ihnen enthaltenen Informationen miteinander in Beziehung gesetzt werden, ist die logische Weiterentwicklung dieses Gedankens. Gleichzeitig wird die Erstellung und Bearbeitung durch intuitive Tools und KI-Assistenz (wie sie Wikis teilweise nutzen) immer einfacher, wodurch die Barrieren für die Erstellung komplexer Hypertext-Strukturen sinken.
Anwendungsbereiche
Hypertext ist nicht nur auf das World Wide Web beschränkt, obwohl dies die dominierende Anwendung ist. Weitere wichtige Anwendungsbereiche von Hypertext-Systemen sind:
- Wissensmanagement und Dokumentation: Elektronische Handbücher, Hilfe-Systeme und interne Dokumentationen in Unternehmen, die die Navigation durch komplexe Informationen erleichtern.
- Lernsoftware: Interaktive Lernumgebungen und E-Learning-Plattformen, da die Hypertext-Struktur individuelle Lernpfade ermöglicht.
- Digitale Enzyklopädien: Offene Plattformen wie Wikis (ein dezentrales Hypertext-System).
- Interaktive Literatur: Verschiedene Erzählstränge in digitaler Form.
- Juristische Datenbanken: Hypertext-Systeme ermöglichen die Verknüpfung von Gesetzen, Urteilen und Kommentaren über Querverweise.
Der Hypertext ist somit das unsichtbare Gerüst unserer digitalen Welt und ermöglicht die beispiellose Verfügbarkeit und Verknüpfung von Informationen, die über Webserver und Webbrowser weltweit zugänglich gemacht werden.